Übungsblatt 16 Analysis 2

Aufgabe 16.1.
Für differenzierbares, bzw. integrierbares \(f\colon[a,b]\to\mathbb R\) definieren wir neue Funktionen \(D[f]\) und \(I[f]\) durch \[ D[f](x)=f'(x)
\quad\quad\text{und}\quad\quad I[f](x) = \int_a^xf(t)dt. \] Zeigen Sie, dass dadurch stetige Abbildungen \[\begin{matrix} D\;\colon &
\big(C^{n+1}([a,b]), d_{C^{n+1}}\big) &\longrightarrow&
\big(C^{n}([a,b]), d_{C^{n}}\big) \\ I\;\colon & \big(C^{n}([a,b]),
d_{C^{n}}\big) &\longrightarrow& \big(C^{n+1}([a,b]), d_{C^{n+1}}\big)
\end{matrix}\] zwischen den angegebenen metrischen Räumen beschrieben werden. Sind die Abbildungen gleichmäßig stetig?

Lösung 16.1.
Für \(f,g\in \mathcal C^{n}([a,b])\) ist die Metrik definiert durch \[d_{\mathcal C^n}(f,g)=\sum_{k=0}^n\max_{x\in[a,b]}|f^{(k)}(x)-g^{(k)}(x)|.\] Die Abbildungen \(D\) ist gleichmäßig stetig: Sei \(\varepsilon\gt 0\) gegeben, so setze man \(\delta =\varepsilon\). Ist \(d_{\mathcal C^{n+1}}(f,g) \lt \delta\), so gilt \[\begin{aligned}d_{\mathcal C^{n}}(Df,Dg)&
=\sum_{k=0}^{n}\max_{x\in[a,b]}\left|(Df)^{(k)}(x)-(Dg)^{(k)}(x)\right|\\
&=\sum_{k=1}^{n+1}\max_{x\in[a,b]}|f^{(k)}(x)-g^{(k)}(x)|\\
&\le\sum_{k=0}^{n+1}\max_{x\in[a,b]}|f^{(k)}(x)-g^{(k)}(x)|\\
&=d_{\mathcal C^{n+1}}(f,g)\\
&\lt\delta=\varepsilon.\end{aligned}\]
Die Abbildung \(I\) ist ebenfalls gleichmäßig stetig: Für ein gegebenes \(\varepsilon \gt 0\) setze man \(\delta=\frac1{1+(b-a)}\varepsilon\). Ist \(d_{\mathcal C^{n}}(f,g) \lt \delta\), so gilt für \(k\ge 0\) die Gleichung \((If)^{(k+1)}(x)=f^{(k)}(x)\) und folglich \[\begin{aligned}d_{\mathcal C^{n+1}}(If,Ig)
&=\max_{x\in [a,b]}\left|\int_a^x(f-g)(x)\,dx\right|+\sum_{k=0}^{n}\max_{x\in[a,b]}|f^{(k)}(x)-g^{(k)}(x)|\\
&\le (b-a)\max_{x\in[a,b]}|f(x)-g(x)|+d_{\mathcal C^n}(f,g)\\
&\le(b-a+1)d_{\mathcal C^{n}}(f,g)\\
&\lt (b-a+1)\delta=\varepsilon.\end{aligned}\]

Aufgabe 16.2.
Für \(k,\ell=0,1,\dots\) betrachten Sie die Funktionen \[f_n(x)=
\frac1{n^k}\sin(nx)\] als Folge \((f_n)_{n\in\mathbb N}\) im metrischen Raum \(\big(C^{\infty}([0,\pi]), d_{C^{\ell}}\big)\).

(a) Zeigen Sie, dass \(d_{C^\ell}(f_n,0)\) für \(\ell\lt k\) eine Nullfolge, für \(\ell=k\) beschränkt, und für \(\ell\gt k\) unbeschränkt ist.
(b) Folgern Sie, dass die identische Abbildung der zugrunde liegenden Menge
\[\mathrm{id}\colon \big(C^{\infty}([0,\pi]), d_{C^{k}}\big) \longrightarrow
\big(C^{\infty}([0,\pi]), d_{C^{\ell}}\big)\] genau dann stetig als Abbildung von metrischen Räumen ist, wenn \(k\geq\ell\).

Lösung 16.2.
(a) Es gilt für \(n\ge 1\) die Gleichung \[\max_{x\in [0,\pi]}\left|\sin^{(m)}(nx)\right|=n^m\] Folglich gilt\[\lim_{n\to \infty}d_{\mathcal C^\ell}(f_n,0)=\lim_{n\to\infty}\sum_{m=0}^\ell\max_{x\in[0,\pi]}\left|f_n^{(m)}(x)\right| =\lim_{n\to \infty}\sum_{m=0}^\ell \frac{n^m}{n^k} \begin{cases}\le \lim_{n\to \infty}(\ell+1)n^{\ell-k}=0&\text{ für } \ell\lt k\\ \le \ell+1 &\text{ für } \ell= k\\
\gt \lim_{n\to\infty} n^{\ell-k}=\infty &\text{ für }\ell\gt k.\end{cases}\]
(b) Ist \(k\gt \ell\), so wählt man zu gegebenem \(\varepsilon\gt 0\) das \(\delta=\varepsilon\). Ist \(d_{\mathcal C^{k}}(f,g)\lt \delta\) so ist \(d_{C^{\ell}}\left(\mathrm{id}(f),\mathrm{id}(g)\right)\le d_{\mathcal C^{k}}(f,g)\lt \varepsilon.\) Die identische Abbildung ist also stetig. Ist dagegen \(k\lt \ell\), so bildet die identische Abbildung \[\mathrm{id}\colon \big(C^{\infty}([0,\pi]), d_{C^{k}}\big) \longrightarrow
\big(C^{\infty}([0,\pi]), d_{C^{\ell}}\big)\] die Nullfolge \((f_n)_{n}\) auf eine nicht konvergente Folge ab. Sie kann also nicht stetig sein.

Aufgabe 16.3.
Sei \(M\) eine Teilmenge eines topologischen Raums \(X\). Die Menge \(M^\circ=M\setminus\partial M\) wird als das Innere von \(M\) bezeichnet und \(\overline{M}:=M\cup\partial M\) als der Abschluss. Beweisen Sie die folgenden Eigenschaften:
(a) \(X\setminus\overline{M}=(X\setminus M)^\circ\) und \(X\setminus
M^\circ=\overline{(X\setminus M)}\).
(b) \(M^\circ\) ist offen und \(\overline{M}\) ist abgeschlossen.
(c) \(M\) ist genau dann offen wenn \(M=M^\circ\) und genau dann abgeschlossen wenn \(M =\overline{M}\).
(d) \((M\cap N)^\circ=M^\circ\cap N^\circ\) und \(\overline{(M\cup
N)}=\overline{M}\cup\overline{N}\).

Lösung 16.3.
(a) Ist \(x\in X\), so tritt genau einer der drei Fälle auf: Entweder ist \(M\) eine Umgebung von \(x\) oder \(X\setminus M\) ist Umgebung von \(x\) oder aber jede Umgebung von \(x\) enthält Elemente von \(M\) und solche von \(X\setminus M\), also \(x\in \partial M=\partial (X\setminus M)\). Es gibt also eine disjunkte Zerlegung \[X=M^\circ \sqcup \partial M \sqcup (X\setminus M)^\circ.\] Die Gleichungen in (a) folgen.
(b) Ist \(x\in M^\circ=M\setminus\partial M\), so gibt es eine offene Umgebung \(O_x\subset M\) von \(x\) in \(M\). Als offene Menge ist \(O_x\) Umgebung jedes seiner Elemente. Folglich gilt sogar \(O_x\subset M^\circ\). Insbesondere ist \(M^\circ=\cup_{x\in M^{\circ}}O_x\) als Vereinigung offener Mengen offen. Mit dem gleichen Argument ist auch \((X\setminus M)^\circ\) offen. Dessen Komplement \(\overline{M}\) ist folglich abgeschlossen.
(c) Ist \(M=M^\circ\), so ist \(M\) nach (b) offen. Ist umgekehrt \(M\) offen, so ist \(M\) Umgebung jedes seiner Punkt. Folglich gibt es keinen Randpunkt in \(M\) und damit \(M=M^\circ\). Ist \(M=\overline{M}\), so ist \(M\) nach (b) abgeschlossen. Ist umgekehrt \(M\) abgeschlossen, so ist das Komplement \(X\setminus M\) offen. Nach dem soeben Bewiesenem gilt also \(X\setminus M=(X\setminus M)^\circ=X\setminus \overline{M}\). Die letzte Gleichung gilt wegen (a). Insbesondere gilt also \(M=\overline{M}\).
(d) Ist \(x\in (M\cap N)^\circ\), so ist \(M\cap N\) eine Umgebung von \(x\). Folglich sind auch die Obermengen \(M\) und \(N\) Umgebungen von \(x\), das heißt \(x\in M^\circ\) und \(x\in N^\circ\). Insbesondere folgt \(x\in M^\circ\cap N^\circ\). Das zeigt die Inklusion \((M\cap N)^\circ\subseteq M^\circ\cap N^\circ\). Umgekehrt ist \(M^\circ\cap N^\circ\) offene Umgebung jeder seiner Punkte und Teilmenge von \(M\cap N\). Es folgt \(M^\circ\cap N^\circ\subseteq (M\cap N)^\circ\). Die letzte Gleichung folgt mittels Komplementbildung: \[\begin{aligned}X\setminus\overline{M\cup N}& =\left(X\setminus(M\cup N)\right)^{\;\circ}\\&=\left((X\setminus M)\cap(X\setminus N)\right)^{\;\circ}\\&=(X\setminus M)^\circ \cap (X\setminus N)^\circ\\&=(X\setminus\overline{M})\cap (X\setminus\overline{N})\\&=X\setminus (\overline{M} \cup
\overline{N})\end{aligned}\] und folglich \(\overline{M\cup N}=\overline{M} \cup
\overline{N}\).